Einfach mal treffen und den Krieg und die Flucht ein bisschen auf Abstand halten: Beim ukrainischen Abend im Geschwister-Scholl-Haus in Hann. Münden wurden Kontakte geknüpft und gepflegt, in entspannter Runde gespeist - und die Kinder konnten sich beim Mitmach-Zirkus des Mündener Kneipp-Vereins austoben. Das Angebot war eine Initiative aus dem Willkommenstreff Ukraine - und viele, viele Gäste kamen. Mehr: Auf "Ganzen Beitrag anzeigen" klicken.
Marienkäfer, Blumen und Smileys tummeln sich auf der Landkarte der Russischen Föderation. Jeder Sticker markiert eine verlassene Heimat: Die Gäste beim ukrainischen Abend im Geschwister-Scholl-Haus (GSH) in Hann. Münden kennzeichnen mit den Symbolen, woher sie gekommen sind.
Zu Grill-Buffet und kalten Getränken hatte ein Team um Anna Perevertailo zu dem Treffen von Gastfamilien und ukrainischen Flüchtlingen in den Innenhof des GSH eingeladen. Einfach mal zusammenkommen, einander kennenlernen, ohne über Anträge, Formalitäten und Probleme zu sprechen, war die Intention, skizzierten es Martina Görtler, Geschäftsführerin des Stadtjugendrings, und Elke Steden, Leiterin Kinder- und Jugendbüro, Stadt Hann. Münden. Und das wurde gern angenommen, die Sitzplätze reichten kaum aus.
Um die zahlreichen bürokratischen Hürden und Fragen des Alltags geht es immer mittwochs beim Willkommenstreff Ukraine im GSH (16 bis 18 Uhr). Anna Perevertailo, die schon seit einigen Jahren hier lebt, agiert dabei als Dolmetscherin. Martina Görtler, Elke Steden, Flüchtlingsberaterin Ute Krach (Diakonie Kichenkreis Münden) und ehrenamtliche Helfer*Innen stehen den Ukrainer*Innen und ihren Gastfamilien für Fragen zur Verfügung. Und davon gibt es jede Menge, berichtet Krach, denn, einmal angekommen, gibt es immer wieder neue Anträge, die gestellt, neue Schritte, die unternommen werden müssen.
Immer mit von der Partie mittwochs ist auch Marco Hepe, 2. Vorsitzender des Vereins Rock for Tolerance (RfT). Das Team von Rock for Tolerance sammelt seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine Spenden, um den Menschen dort und den Flüchtlingen hier zu helfen, und hat aus diesen Spenden den ukrainischen Abend finanziert.
Der Impuls, einen solchen Abend zu veranstalten, kam aus einer Gastfamilie. Die Ukrainer*Innen wurden in die Gestaltung einbezogen. Für die Kinder hatte derweil der Mündener Kneipp-Verein ein tolles Angebot organisiert: Vorsitzender Karsten Rohlfs hatte das Training des Mitmach-Zirkus´ kurzerhand in den Saal des GSH verlegt, sämtliche Gerätschaften dafür mitgebracht und bot allen Kindern an, sich selbst als kleine Artisten zu versuchen. Das ließen die sich nicht zweimal sagen.
Sofija Bahanova ließ Bilder sprechen: Sie hat eine Fotowand mit Informationen aus der Ukraine gestaltet. Der Fluss Dnepjr stellt sich dort vor und die über 700 Jahre alte Stadt Tscherkassy. Traditionelle Stickkunst hatte Anna Perevertailo zu der kleinen Ausstellung beigesteuert, und Olha Pershyna brachte handgemachte Puppen mit: Diese, erklärte sie, hätten in der Ukraine eine lange Tradition. Sie werden aus Stoffen gebunden und geknotet und sind mit duftenden Kräutern gefüllt. Olha Pershyna ist von Beruf Psychologin. Sie setze diese Art des Puppenmachens auch als Therapie ein. Es helfe, zu den eigenen Wurzeln zu finden, sagt sie. Sie ist im März in Deutschland angekommen und betreut hier bereits ihrerseits ukrainische Frauen. Sie seien in Deutschland sehr gut aufgenommen worden und fühlen sich wohl hier, antworten die Frauen auf die Frage, wie es ihnen geht. Über die Umstände, die sie zur Flucht gezwungen haben, oder über Ängste um die Menschen, die nicht fliehen konnten, sprechen sie nicht an diesem Abend. Es geht locker und fröhlich zu, wenn auch viele voneinander wissen, welche Schicksalsschläge die Familien gerade zu verkraften haben. Der Krieg muss an diesem Abend einmal Abstand halten.